Landesmuseum Zürich
| 6.2.2020 - 18.10.2020
1912 durchquerte Alfred de Quervain Grönland und löste damit in der Schweiz einen regelrechten «Polarboom» aus. Die Messungen des Wissenschaftlers beeinflussen die Gletscherforschung bis heute.
Seit Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft mit den schwindenden Gletschern. Der Rückzug der Eisriesen schreitet unaufhaltsam voran. Bereits vor gut 100 Jahren standen die Gletscher im Fokus der Klimaforschung. Allerdings unter anderen Voraussetzungen: Im 19. Jahrhundert fürchtete man sich vor einer neuen Eiszeit.
Die «Schweizerische Grönland Expedition» von Alfred de Quervain war deshalb 1912 in aller Munde. Nicht nur die noch junge Klimaforschung interessierte sich für die Daten des Berner Geophysikers, auch die Gesellschaft gierte nach abenteuerlichen Geschichten aus dem Norden. Da sich der Staat nicht an den Kosten der Expedition beteiligen wollte, schloss der Abenteurer einen Vertrag mit der Neue Zürcher Zeitung ab. Sie bezahlte einen Drittel der Aufwände und sicherte sich damit das Recht, exklusiv über die Expedition zu berichten. Die Artikel machten de Quervains Abenteuer noch bekannter und lösten in der Schweiz einen regelrechten «Polarboom» aus.
Alfred de Quervain war schon 1909 im ewigen Eis von Grönland unterwegs gewesen. Drei Jahre später kehrte er dorthin zurück, um die Insel zu durchqueren. Das hatte vor ihm erst einer geschafft: Fridtjof Nansen. Und wie es sich für einen Abenteurer gehört, musste die Strecke des Schweizers länger und schwieriger sein als jene des Norwegers, der Grönland 1888 weiter südlich überquert hatte. Und das war sie! Mit Skiern und Hundeschlitten legten Alfred de Quervain und seine Mitstreiter in sechs Wochen rund 650 Kilometer zurück. Das war nicht nur anstrengend, sondern teilweise auch gefährlich. Gegen Ende der Überquerung fanden sie beispielsweise das Depot mit Nahrungsvorräten nur knapp.
Die meteorologischen und glaziologischen Daten, die Alfred de Quervain und sein Team 1912 gesammelt hatten, waren für die Wissenschaft enorm wertvoll. Bis heute werden die für die Forschung genutzt, beispielsweise bei der Erforschung des Grönländischen Eisschilds, der als zweitgrösster Süsswasserspeicher der Erde gilt. Wegen der Klimaerwärmung schmilzt er in den letzten zwei Jahrzehnten immer schneller. Besonders problematisch: Das Schmelzwasser wird nicht mehr aufgenommen und später wieder zu Eis, sondern fliesst in den Ozean ab. Dadurch schwinden die Süsswasserreserven und der Meeresspiegel steigt kontinuierlich an.
Mit Originalexponaten und historischen Fotografien beleuchtet die Ausstellung Alfred de Quervains Expedition im ewigen Eis und schlägt einen Bogen zur heutigen Klima- und Gletscherforschung.