Keyvisual der Ausstellung Erfahrungen Schweiz – Fremdplatziert

Fremdplatziert

Erfahrungen Schweiz

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Die Videoinstallation ist vom 28. Oktober 2024 bis 13. Januar 2025 aufgrund der Ausstellung «Weihnachten & Krippen» geschlossen.

Videoinstallation

Eingriffe des Staates in das Leben von Menschen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen, waren auch in der Schweiz üblich. Von sogenannten «fürsorgerischen Zwangsmassnahmen» waren aber nicht nur Erwachsene betroffen, sondern bis in die 1980er-Jahre auch hunderttausende Kinder und Jugendliche. Sie wurden ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen weggenommen und in Einrichtungen und Pflege- oder Adoptivfamilien untergebracht. Viele von ihnen erlebten Gewalt und Missbrauch, mussten hart arbeiten und erhielten nur eine mangelnde Schulbildung. In der Videoinstallation erzählen Betroffene ihre persönliche Geschichte, wie sie diese Zeit erlebt haben, wie sie nachwirkt und warum sie ihre Erfahrungen heute teilen.
 

Zum Format

Nicht alle für die Schweiz prägende Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit lassen sich in ihrer Komplexität mit Objekten darstellen. Im Format «Erfahrungen Schweiz» stehen deshalb Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Zentrum. Ihre Schicksale und Erfahrungen ermöglichen dem Museumspublikum einen facettenreichen Rückblick auf die Schweizer Zeitgeschichte. Das Thema wechselt jährlich. Das Format kommt ohne Objekte aus und besteht aus einer grossformatigen und immersiven Projektion mit Ton über Kopfhörer sowie einer Vertiefungsstation mit Informationen zu den neuesten Forschungsergebnissen und zum kulturhistorischen Kontext des jeweiligen Themas.

Schulen

Keyvisual der Ausstellung Erfahrungen Schweiz – Fremdplatziert

Selbstständige Besichtigung

Während der Öffnungszeiten des Museums (Änderungen vorbehalten) sind Besichtigungen der Installation durch Schulklassen ohne Führung möglich. Anmeldung erforderlich, damit für die Gruppe genügend Kopfhörer bereitstehen.

Führungen: kostenlos und auch ausserhalb der Öffnungszeiten möglich.

Anmeldung:  

mindestens 2 Wochen im Voraus

Sprachen:

 

Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch.

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+41 44 218 66 00 reservationen@nationalmuseum.ch
Keyvisual der Ausstellung Erfahrungen Schweiz – Fremdplatziert

Fremdplatziert – Biografien als Lernzugang

Das Landesmuseum Zürich bietet in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Luzern und der Historikerin Loretta Seglias eine Weiterbildung zur Vermittlung des Themas Fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierung auf Sekundarstufe I und II an. Lehrpersonen erhalten dabei Einblick in die neue Lern-App der PH Luzern, bekommen praktische Tipps für den Umgang mit dem Thema im Unterricht, begehen gemeinsam die Video-Installation «Fremdplatziert» und hören aus erster Hand von den Erfahrungen von Zeitzeugenbesuchen im Klassenzimmer.

Die Weiterbildung richtet sich an Lehrpersonen und Studierende.  Um das Mitbringen eines persönlichen Tablets oder Smartphones inkl. Kopfhörer wird gebeten.

Mi 29.01.2025 | 15.00 – 18.30 Uhr

Medien

Erfahrungen Schweiz – Fremdplatziert

Landesmuseum Zürich | 14.1.2025 - 27.4.2025
publiziert am 5.7.2024

In der Schweiz wurden bis in die 1980er-Jahre Kinder ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen weggenommen und in Einrichtungen und Pflege- oder Adoptivfamilien untergebracht, wo viele von ihnen Gewalt und Missbrauch erlebten. In einer Videoinstallation erzählen zehn Zeitzeuginnen und Zeitzeugen ihre persönliche Geschichte.

Erst im 21. Jahrhundert rückte ein dunkles Kapitel der Schweizer Geschichte in das Licht der Öffentlichkeit: Eingriffe des Staates in das Leben von Menschen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen mit sogenannten Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen. Nicht nur Erwachsene waren davon betroffen, sondern bis in die 1980er-Jahre auch hunderttausende Kinder und Jugendliche. Sie wurden ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen – oft gegen deren Willen – weggenommen und in Einrichtungen und Pflege- oder Adoptivfamilien untergebracht. In vielen Fällen haben sie darunter schwer gelitten und ihre körperliche, psychische oder sexuelle Integrität oder ihre geistige Entwicklung wurde unmittelbar und in schwerer Weise beeinträchtigt.

Die Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz ist Thema in der zweiten Ausgabe des Formats «Erfahrungen Schweiz» im Landesmuseum Zürich. Das Format kommt ohne Objekte aus und besteht aus einer grossformatigen und immersiven Projektion mit Ton über Kopfhörer sowie einer Vertiefungsstation, die das Thema kulturhistorisch kontextualisiert. Im Zentrum stehen die Erzählungen von zehn Zeitzeuginnen und Zeitzeugen.

So erzählt beispielsweise Armin (*1927) wie ihn seine unverheiratete Mutter zur Adoption freigeben musste. Nach einem Aufenthalt im Kinderheim Thalwil lebte er nur zwei Jahre bei einer Pflegefamilie, bevor er 1934 aus Kostengründen in der Erziehungsanstalt «Sonnenberg» in Kriens LU platziert wurde. Dort wurden er und andere Knaben körperlich und psychisch bestraft. Erst mit 17 Jahren konnte Armin selber über sein Leben bestimmen.

Ein ebenso eindrückliches Schicksal erlebte Uschi (*1952), die der jenischen Mutter entzogen und wie Armin in Pflegefamilien, Kinder- und Erziehungsheime gebracht wurde. Nach jahrelangem Missbrauch wurde sie 14-jährig vom Onkel vergewaltigt. Während dieser ohne Strafe davonkam, versorgte man Uschi im Erziehungsheim «zum Guten Hirten» in Altstätten SG. Über 3500 Aktenseiten zeugen von Vorurteilen gegenüber Jenischen seitens Behörden und Heimangestellten.

Die zehn Zeitzeuginnen und Zeitzeugen stehen für hunderttausende Betroffene in der Schweiz. Für die Interviews wurden Personen aus allen Landesteilen ausgewählt. Es sind Menschen, die nicht zum ersten Mal über ihre Erfahrungen sprechen. Über schwierige und traumatische Erlebnisse vor einer Kamera zu sprechen, braucht Mut. Umso wichtiger sind ihre Erzählungen und ihr Engagement für die Aufarbeitung der Geschehnisse und für die Geltendmachung der Rechte von Betroffenen.

Die Videoinstallation ist vom 5. Juli bis 27. Oktober 2024 und vom 14. Januar bis 27. April 2025 im Landesmuseum Zürich zu sehen.

Das Thema der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen wurde in den letzten Jahren wissenschaftlich beleuchtet. Unter anderen befasste sich das Nationale Forschungsprogramm 76 «Fürsorge und Zwang» (NFP 76) mit den Wirkmechanismen von Fürsorge und Zwang in Geschichte, Gegenwart und Zukunft. In einem nächsten Schritt initiiert und fördert das Bundesamt für Justiz Projekte zur Vermittlung der Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Aufarbeitung. Dazu gehört eine nationale Wanderausstellung. Diese wird im Oktober 2025 im Musée Historique Lausanne eröffnet und bis Ende 2027 an verschiedenen weiteren Stationen gezeigt werden. Die aktuelle Installation im Landesmuseum Zürich steht nicht im Zusammenhang mit dieser Wanderausstellung, sieht sich aber als Beitrag an die Vermittlung dieses Kapitels der Schweizer Geschichte.

Bilder

Regeln

Mit der Einweisung verlieren die Menschen ihre individuelle Freiheit und Privatsphäre und müssen sich einer hierarchischen Organisation unterordnen. Sie wachsen oft isoliert oder im Kollektiv auf und haben wenig bis keine Freizeit. Schlafsaal im «maison de rééducation au travail» in Bellechasse, Sugiez FR, 1940er-Jahre

Staatsarchiv Freiburg

Hausordnungen

Der Alltag ist durchgetaktet, im Zentrum steht die Arbeit. Freundschaften untereinander oder Kontakte nach aussen werden unterbunden, Briefe zensiert. Erst in den 1960er-Jahren verändern sich Erziehungsvorstellungen allmählich. Pestalozziheim Redlikon, Stäfa, 1955, Foto: Eduard Bodo Schucht

Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich, BAZ_032975

Umsetzung der Zwangsmassnahmen

Neben den Armen- und Vormundschaftsbehörden einer Gemeinde gibt es auch viele verschiedene Ämter, Stellen und Einrichtungen, aber auch private und kirchliche Heime, Adoptionsvermittlungsstellen oder Pflegefamilien, die je nach Situation involviert sind. Die unterschiedlichen Akteure und Akteurinnen entlasten das Gemeinwesen finanziell und erschweren die Aufsicht und Kontrolle. Zwei Nonnen mit Kindern eines Kinderheims im Wallis, um 1930–1940. Foto: Paul Cattani

Schweizerisches Nationalmuseum

Arbeit unter Zwang

Die Erziehung zur Arbeit ist wichtig. Ziel ist es, möglichst wenige Personen durch öffentliche Gelder unterstützen zu müssen. Dies gilt für Kinder und Erwachsene. Die Arbeit erfolgt unter Zwang und ohne Bezahlung. Arbeitsraum im Mädchenheim «Lärchenheim» in Lutzenberg AR. Foto: Reto Hügin

StAAG/RBA1-1-8848_1

Schutzlos

Behörden oder Aufsichtspersonen unterbinden bei vielen fremdplatzierten Kindern den Kontakt zu den Eltern oder nahen Verwandten. Bezugspersonen, denen sie vertrauen, fehlen. Dieser fehlende Schutz führt oft dazu, dass sie Opfer verbaler, psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt werden. Knaben bei der Abendtoilette am gemeinsamen Waschtrog der «Rettungsanstalt zur Aufnahme der verwaisten und verwahrlosten Jugend» in Oberflachs AG, 13.11.1943.

Keystone/EB (Bild Nr. 60566323 kann über Keystone bezogen werden)

«Kinder der Landstrasse»

Mehrere hunderttausend Menschen sind von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen betroffen, vor allem Arme, Jenische, Suchtkranke, unverheiratete oder geschiedene Mütter und ihre Kinder, Waisen oder arbeitslose Männer. Das Hilfswerk «Kinder der Landstrasse» trennt Kinder von Jenischen systematisch von ihren Familien und bringt sie in Heimen oder Pflegefamilien unter. Alfred Siegfried, Gründer des Hilfswerks «Kinder der Landstrasse», kontrolliert die Zähne eines jenischen Mädchens in Ilanz, 1953. Foto: Hans Staub

Keystone / Fotostiftung Schweiz (Bild Nr. 417306953 kann über Keystone bezogen werden)

Blick in die Ausstellung

Schweizerisches Nationalmuseum

Blick in die Ausstellung

Schweizerisches Nationalmuseum

Pressekontakt Landesmuseum Zürich

+41 44 218 65 64 medien@nationalmuseum.ch

Impressum

  • Gesamtleitung Denise Tonella
  • Projektleitung Rebecca Sanders
  • Kuration Michael Kempf, Rebecca Sanders, Loretta Seglias
  • Szenografie Alex Harb
  • Interviews Loretta Seglias, Denise Tonella
  • Regie Maurizio Drei
  • Projektion Maurizio Drei, Michele Innocente
  • Wissenschaftliche Mitarbeit Jasmin Mollet
  • Steuernder Ausschuss Günhan Akarçay, Heidi Amrein, Beat Högger, Markus Leuthard, Sabrina Médioni, Denise Tonella
  • Projektcontrolling Sabrina Médioni
  • Technische Leitung Mike Zaugg
  • Ausstellungsaufbau Ira Allemann, Sophie Lühr, Marc Hägeli, Dave Schwitter, Philippe Leuthardt
  • IT | Web| Medienstationen Thomas Bucher, Danilo Rüttimann, Alex Baur, Thomas Bucher, Ueli Heiniger, Immensive SA, Tweaklab AG, Office 104
  • Marketing und Kommunikation Andrej Abplanalp, Anna-Britta Maag, Sebastiano Mereu, Carole Neuenschwander, Alexander Rechsteiner
  • Werbegrafik Resort GmbH für Visuelle Kommunikation
  • Übersetzungen Martina Albertini, Thomas Bochet, Marie-Claude Buch-Chalayer, Bill Gilonis, Barbara Meglen, Laurence Neuffer, Maël Roumois, Geoffrey Spearing, Luca Tori

Wir danken den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen für ihr wertvolles Mitwirken: Alain, Armin, Danielle, Heinz, Karin, MarieLies, Mario, Michael, Sergio, Uschi

Dank geht auch an alle Mitwirkenden der Plattform «Gesichter der Erinnerung»

Für die Dreharbeiten in der Romandie danken wir Patrick Gyger, Generaldirektor der Plateforme 10