Landesmuseum Zürich
| 13.9.2024 - 19.1.2025
Das Landesmuseum Zürich präsentiert erstmals einen umfassenden und multiperspektivischen Überblick zur kolonialen Geschichte der Schweiz. Die Ausstellung tut dies basierend auf neusten Forschungsresultaten, anhand von Biografien und illustriert mit Objekten, Kunstwerken, Fotografien und Schriftdokumenten.
Die Ausstellung ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil werden anhand von zahlreichen Fallbeispielen elf Handlungsfelder thematisiert, in denen sich Schweizer Personen, Firmen oder Gemeinwesen ab dem 16. Jahrhundert kolonial betätigten. Das Panorama reicht geographisch von Nord- und Südamerika über Afrika bis nach Asien. Einzelne Schweizer Firmen sowie Privatpersonen beteiligten sich am transatlantischen Sklavenhandel oder verdienten am Handel mit Kolonialprodukten und durch die Ausbeutung versklavter Menschen ein Vermögen. Schweizerinnen und Schweizer waren als Missionare auf der ganzen Welt unterwegs oder verliessen die Schweiz, um Siedlungskolonien zu gründen und vermeintlich unbewohntes Land zu bewirtschaften. Andere, getrieben von Armut oder Abenteuerlust, dienten als Söldner in europäischen Heeren, die koloniale Eroberungen unternahmen und den Widerstand der indigenen Bevölkerungen bekämpften. In der Heimat prägte neben den Briefen und Berichten aus den Kolonien auch die Wissenschaft den Blick auf die Menschen in den Kolonien. An den Universitäten Zürich und Genf formulierten Wissenschaftler Rassentheorien, die international verbreitet wurden und der Legitimation des kolonialen Systems dienten.
Der zweite Teil der Ausstellung geht der Frage nach, was das koloniale Erbe für die Schweiz der Gegenwart bedeutet. Aufgezeigt werden die Folgen des Kolonialismus, die bis heute spürbar sind – so etwa in der global ungleichen Verteilung von Wohlstand oder im Umweltbereich. Im Zentrum stehen aber auch Debatten, welche die Schweizer Bevölkerung direkt beschäftigen: Sollen beispielsweise Strassennamen oder Denkmäler von Personen, die am Kolonialismus beteiligt waren geändert, bzw. gestürzt werden oder wird dadurch die Geschichte zensiert? Die Besuchenden sind eingeladen zu diskutieren und ihre Gedanken zum Thema in der Ausstellung zu hinterlassen.
Forscherinnen und Forscher verschiedener Disziplinen haben in den letzten Jahren einschlägige Publikationen über die kolonialen Verflechtungen der Schweiz herausgegeben. Auch die Museen haben die Bedeutung des Themas erkannt, was sich u.a. in den Ausstellungen, die in diesem Herbst zu sehen sind, wiederspiegelt.
Die Ausstellung im Landesmuseum bietet erstmals eine thematisch breit gefächerte Übersicht über die koloniale Verflechtungsgeschichte der Schweiz. Zahlreiche Stimmen kommen darin zur Sprache, verschiedene Regionen, Handlungsfelder und Positionen werden beleuchtet. Beiträge von Künstlerinnen und Künstlern wie Denise Bertschi, Sasha Huber, Chris Pappan, Mathias C. Pfund, Deneth Piumakshi Veda Arachchige oder Dom Smaz bringen wertvolle Perspektiven ein. Auch Aspekte aus Interaktionen mit der Öffentlichkeit und mit verschiedenen Experten und Akteurinnen sind in die Entwicklung der Ausstellung eingeflossen. Ein internationaler wissenschaftlicher Beirat hat die Konzeption begleitet.
Neben einem umfangreichen Vermittlungsangebot für Schulen, das mit der Historikerin Ashkira Darman erarbeitet wurde, bietet die Ausstellung ein umfangreiches Rahmenprogramm mit interaktiven Führungen, Begegnungen, Podien sowie Fokusveranstaltungen in Kooperation mit der ETH Zürich und dem Historischen Lexikon der Schweiz.
Die Ausstellung wird vom 27. März bis 11. Oktober 2026 in angepasster Form im Château de Prangins zu sehen sein.