Die weisse Hölle vom Piz Palü
Gabriel Heim
6. Januar 2021
1929 drehte der Pionier des Bergfilms Arnold Fanck in Südbünden seinen Welterfolg «Die weisse Hölle vom Piz Palü». Heimlicher Star der Filmarbeiten ist die wintersichere Berninabahn.
Eine Schweizer Filmgeschichte
Ausstellung | accessibility.time_to
Die Praesens-Film AG feiert 2024 ihr 100-jähriges Jubiläum. Die älteste noch existierende Filmgesellschaft der Schweiz hat eine bewegte Vergangenheit, die bis nach Hollywood reicht. Vom jüdischen Einwanderer Lazar Wechsler gegründet, erzielte sie ihre grössten Erfolge von den 1930er- bis Mitte der 1950er-Jahre und produzierte einige der wichtigsten Klassiker des Schweizer Films. «Füsilier Wipf», «Gilberte de Courgenay» und «Heidi» stammen ebenso aus der Praesens-Produktionsschmiede wie die international ausgezeichneten Filme «Marie-Louise» und «Die letzte Chance».
Die Ausstellung richtet das Scheinwerferlicht auf die Menschen, die vor und hinter der Kamera Schweizer Filmgeschichte geschrieben haben. Sie erzählt Anekdoten rund um die Herstellung der Filme und zeigt, wie sehr die Kinoleinwand ein Spiegel von Zeit, Politik und Gesellschaft war: vom Aufbruch der Filmindustrie mit den frühen Werbe- und Auftragsproduktionen über die erfolgreichen Spielfilme der Kriegsjahre, die von Geistiger Landesverteidigung und humanitärer Tradition geprägt waren, bis hin zum Heimatidyll der Nachkriegszeit.
Die Ausstellung findet in Partnerschaft mit der Cinémathèque suisse statt.
Filmo: 100 Jahre Praesens-Film
Unterrichtsmaterial von «Kinokultur für die Schule» für Schulklassen der Sekundarstufen I und II zum Film «Marie-Louise» finden Sie hier zum Download.
Der Zeitstrahl zur Geschichte der Praesens-Film im Kontext von «filmo» finden Sie hier zum Download.
Benedikt Eppenberger
Wer kennt sie noch? Praesens-Film-Hits wie Wachtmeister Studer, Gilberte de Courgenay, Die letzte Chance, Heidi oder Es geschah am hellichten Tag? Von 100 Jahren Praesens-Film AG – von 1924 bis 2024 – erzählt dieses Buch. Wer waren ihre Gründer, ihre Stars, wie gelang es Praesens-Film, einerseits Dialekt-Filme für jene von Schweizer Kulturschaffenden seit jeher beklagte «Enge» zu fabrizieren, andererseits mit Hollywood anzubandeln, um Oscar-prämierte Schweizer Filme in die ganze Welt zu verkaufen?
Die Praesens-Film AG feiert 2024 ihr 100-jähriges Jubiläum. Die älteste noch existierende Filmgesellschaft der Schweiz hat eine bewegte Vergangenheit, die bis nach Hollywood reicht. Die Ausstellung im Landesmuseum zeigt, wie sehr die Kinoleinwand ein Spiegel von Zeit, Politik und Gesellschaft war.
Die 1924 vom jüdischen Einwanderer Lazar Wechsler und dem Schweizer Flugpionier Walter Mittelholzer gegründete Firma Praesens-Film spezialisierte sich zu Beginn auf das in der Schweiz noch wenig bekannte Format des Reklamefilms. Zu ihren Kunden gehörten Marken wie Lux, Grieder oder Bally. Bald kamen auch Auftragsfilme dazu, die in den Jahren um 1930 kontroverse Themen wie Alkoholismus oder den Schwangerschaftsabbruch behandelten.
Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stellten sich Lazar Wechsler und sein Team in den Dienst der Geistigen Landesverteidigung. Es war die Zeit der grossen Spielfilme der Praesens-Film. Gilberte de Courgenay zeichnet ein romantisiertes Bild der militärischen Grenzbesetzung im Ersten Weltkrieg. Im Film sorgen komödiantische Einlagen im Pferdekostüm dafür, dass Heimweh und Grenzkoller verfliegen. Dazu trägt auch die titelgebende Gilberte bei, die die Soldaten tröstet und einsame Herzen pflegt. Der Film machte die Hauptdarstellerin Anne-Marie Blanc zum ersten weiblichen Filmstar der Schweiz.
Als sich 1943 der Sieg der Alliierten abzuzeichnen begann, wendete sich Praesens-Film dem Humanismus zu. Marie-Louise erzählt die Geschichte eines französischen Mädchens, das während des Zweiten Weltkriegs dank der Kinderhilfe des Schweizerischen Roten Kreuzes für drei Monate von einer Schweizer Familie aufgenommen wird. Der Film griff die humanitäre Tradition der Schweiz auf und bestätigte das Publikum damit in seinem nationalen Selbstverständnis. Marie-Louise war nicht nur in der Schweiz, sondern auch international ein Erfolg. 1946 gewann der Film als erster nicht-englischsprachiger Film den Oscar für das beste Originaldrehbuch.
In der Nachkriegszeit schätzte das Publikum Unterhaltungsfilme ohne politische Untertöne. Zwei kurz hintereinander erschienene Heidi-Filme boten die perfekte Flucht in eine idyllische Bergwelt. Heidi war ein Welterfolg und wurde für Tourismus und Politik der Schweiz zur förderlichen Werbekampagne. Die Fortsetzung Heidi und Peter war der erste Schweizer Farbfilm. Wie sein Vorgänger zeigt er die Berge als gesundheitsfördernde Reisedestination und stellt sie der bedrohlichen Stadt gegenüber
Ende der 1950er-Jahre vermochte das kommerzielle Schweizer Kino seine steigenden Produktionskosten kaum mehr einzuspielen. Zudem begannen sich bei der Praesens-Film die finanziellen Misserfolge zu häufen. 1972 liess der nach dem Tod seiner Frau Amalie entmutigte Lazar Wechsler einen Teil der Gesellschaftsarchive zerstören. Daraufhin übernahmen die Brüder Martin und Peter Hellstern die Leitung der Firma und führten sie nur noch als Filmverleih weiter. Seit 2009 setzt Praesens-Film auch wieder auf Ko-Produktionen.
Die Ausstellung im Landesmuseum richtet das Scheinwerferlicht auf die Menschen, die vor und hinter der Kamera Schweizer Filmgeschichte geschrieben haben. Entlang des Filmproduktionsprozesses erzählt sie vom Drehbuch über Regie, Schauspiel und Kamera bis hin zu Schnitt und Musik mit Objekten und Anekdoten nicht nur ein Stück Schweizer Kulturgeschichte, sondern erlaubt einen exemplarischen Blick auf Themen, die das 20. Jahrhundert gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich geprägt haben.
Die Ausstellung findet in Partnerschaft mit der Cinémathèque suisse statt.